In der Praxis für Psychiatrie und modulare Psychotherapie werden alle psychischen Störungen im Erwachsenenalter behandelt
Es besteht eine langjährige Spezialisierung für akute, chronische und schwer zu behandelnde Depressionen mit und ohne traumaassozierte Symptome über das gesamte Lebenspanorama, therapieresistente Angst-und Zwangsstörungen, häufig rezidivierende bipolare und schizoaffektive Störungen (inklusive Rapid Cycles), Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis, neuropsychiatrische Störungen einschließlich ADHS und psychische Störungen bei Menschen mit Intelligenzminderung und/oder tiefgreifenden Entwicklungsstörungen
Wenn sich ein Patient wieder die Rolltreppe aufwärts bewegt ist das hochbefriedigend für mich. Das ist es, was mich auch noch in 20 Jahren an diesem Fach einfach faszinieren wird
Seit 2011 zählt Priv. Doz. Dr. med. Dieter Schoepf bei FOCUS-Gesundheit „Ärzteliste“ kontinuierlich zu den Top-Medizinern in den Bereichen Depressionen & Bipolare Störungen, Depressionen und ADHS
Behandlungsziele
Umfassende psychiatrische und somatische Diagnostik.
Wiedergewinn vermehrter Teilhabe im Privat- und Berufsleben. Hierfür bieten wir z.B. im Bereich der Depressionsbehandlung neben medikamentöser Behandlung, die präzise und differenziert nach biologischen Besonderheiten angesetzt und kontrolliert wird, alle innovativen psychotherapeutischen Verfahren an, die in der nationalen Leitlinie empfohlen werden.
Unterstützung der Therapieziele durch einen sektorenübergreifenden Behandlungsplan, der bei Bedarf biophysikalische Interventionen berücksichtigt.
Vorstellung des Kompetenzzentrums für die spezifische Psychotherapie der Persistierenden Depressiven Störung (PDD) mit dem Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
Das Kompetenzzentrum CBASP am UKB wurde 2006 von Priv. Doz. Dr. med. Dieter Schoepf gegründet und hat in einem multiprofessionellen Team aus Psychiatern, Psychotherapeuten und Wissenschaftlern Früh- und Differentialdiagnostik affektiver Störungen sowie die moderne und patientienorientierte Behandlung der PDD angeboten. Heutzutage hat die Präzisionsmedizin belegt, dass die Störungsgruppen in Abhängigkeit modifizierender Faktoren und klinischer Merkmale einen heterogenem Krankheitsverlauf mit einem unterschiedlichen Ansprechen auf medikamentöse und psychotherapeutische Interventionen zeigen. Zu den Untergruppen der PDD gehören gemäss den internationalen Klassifikationssystemen neben der einfachen dysthymen Störung:
- - die über zwei Jahre anhaltende Episode einer majoren depressiven Episode,
- - die im Intervall keine Vollremission erreichende rezidivierende depressive Störung,
- - die durch eine vorhergehende dysthyme Störung mit anschließender majorer depressiver Episode gekennzeichnete „Double Depression“,
- - und die auf eine vorhergehende dysthyme Störung aufgelagerte anhaltende majore depressive Episode.
Die Therapie der PDD erfolgt nach einem - auf der ehemaligen Station von Priv. Doz. Dr. med. Dieter Schoepf - entwickeltem sektorenübergreifenden Stufenansatz und umfasst sowohl die störungsspezifische Psychotherapie mit dem CBASP, als auch medikamentöse Angebote für Betroffene. Darüber hinaus fanden bis 2018 wissenschaftliche Untersuchungen zur Verbesserung von Diagnostik und Therapie auf neurobiologischer und lerntheoretischer Grundlage statt, die fortdauernd seit 2015 ausgewertet und publiziert werden. Es ist für die handelnden Personen von speziellem Interesse, ob und wie die eingesetzten psychotherapeutischen Techniken die Lernprozesse, die sich während der Psychotherapie mit dem CBASP ergeben, zu einer nachhaltigeren Wirksamkeit führen. Hierbei liegt der Fokus besonders auf die Technikvariable und der Art und Weise, wie der Therapeut die Therapiesituation so gestaltet, dass der Patient lernen kann, häufiger das zu erreichen, was er will und was realistisch ist. Damit ist es für Betroffene möglich, von neuesten diagnostischen Erkenntnissen und therapeutischen Verfahren zu profitieren.
Das Kompetenzzentrum CBASP ist wissenschaftlich innerhalb des UKB eng mit klinischen Arbeitsgruppen aus dem Center for Economics and Neuroscience (ehemaliger Leiter Herr Prof. B. Weber), der Medizinischen Psychologie, und der Arbeitsgruppe für die Behandlung therapierefraktärer affektiver Störungen (ehemaliger Leiter Herr Prof. T. Schläpfer) verbunden und war in entstehende überregionale Forschungsnetzwerke integriert. Förderungen wurden u. a. von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Firma Lundbeck erhalten. Die wichtigsten externen Kooperationspartner sind Herr Prof. Dr. JP McCullough (USA, Richmond), Frau Prof. JK Penberthy (USA, Richmond), Herr Prof. Dr. med. Dr. phil. H. Walter (Berlin), Herr Priv. Doz. Dr. med. K. Schnell (Göttingen), Frau Prof. Dr. E. phil. Schramm (Freiburg), Herr Prof. Dr. med. C. Normann (Freiburg), Herr Prof. Dr. med. H. Kessler (Bochum) und Herr Dr. P. phil. Neudeck (Köln).
Arbeitsgebiete
Weiterentwicklung und Optimierung bestehender Behandlungsstrategien
CBASP-Behandlungsstudien: Untersuchung von Prädiktoren, Moderatoren und Subgruppeneffekten (Präzisionsmedizin)
CBASP-F-MRT-Studien: Untersuchung neuronaler Mechanismen und Prädiktoren der Verbesserung von Affektregulation durch (Neuro-) Psychotherapie
Leiter der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe, Projektleiter (Bonn) mehrerer DFG geförderter Multi-Center Studien (ab 2006) und Supervisor der klinischen Angebote
Priv. Doz. Dr. med. Dieter Schoepf
Lehrtherapeut von Herrn Prof. Dr. JP McCullough, seit 2007 zertifizierter CBASP-Therapeut, -Trainer, und -Supervisor
Vorstellung von Störungsbildern, bei denen eine langjährige Spezialisierung besteht
Quelle: Persönliche Lehrauftragsfolien Priv. Doz. Dr. med. Dieter Schoepf
Hierzu gehören alle psychischen Störungen, die als direkte Reaktion auf einmalige oder fortbestehende belastende Lebensereignisse auftreten, die sich in negativen Veränderungen des Gemütszustandes (affektive Symptome) oder auch in Störungen des Sozialverhaltens (zwischenmenschlich) ausdrücken können. Entsprechende psychische Reaktionen können in Form von akuten Belastungsreaktionen oder Anpassungsstörungen andere psychische Störungen auslösen und/oder aufrechterhalten.
Quelle: Persönliche Lehrauftragsfolien Priv. Doz. Dr. med. Dieter Schoepf
Eine Posttraumatische Belastungsstörung kann nach einem seelischen Trauma kurzfristig oder zeitlich verzögert auftreten. In manchen Fällen können sogar Jahrzehnte bis zum Auftreten der Symptomatik vergehen.
Die typischen Symptome bei einer Posttraumatischen Belastungsstörung sind:
Symptome des Wiedererlebens: sich aufdrängende, belastende Erinnerungen an das Trauma, Flashbacks, Alpträume
Vermeidungssymptome: emotionale Stumpfheit, Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit der Umgebung und anderen Menschen gegenüber, aktive Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Manchmal können wichtige Aspekte des traumatischen Erlebnisses nicht mehr (vollständig) erinnert werden
Vegetative Übererregtheit: Schlafstörungen, Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhte Wachsamkeit, übermäßige Schreckhaftigkeit
Bei vielen Betroffenen ist das Selbst- und Weltbild erschüttert und das Vertrauen in andere Menschen nachhaltig gestört. Viele Betroffene leiden zudem unter schweren Schuld- oder Schamgefühlen oder unter Selbsthass. Die Leistungsfähigkeit in wichtigen Lebensbereichen ist eingeschränkt, die Bewältigung des Alltags wird für viele zur Qual.
Der Verlauf körperlicher Erkrankungen kann durch eine PTBS negativ beeinflusst werden. Das Risiko für Suchterkrankungen, Depressionen und andere psychische Störungen steigen bei einer PTBS stark an.
Quelle: Priv. Doz. Dr. med. Dieter Schoepf in seiner Funktion als Chefarzt der Beta-Brain Klinik GmbH (2016)
Eine traumatische Verarbeitung von Kränkungen, die nach einschneidenden, wenn auch nicht immer außergewöhnlichen Lebensereignissen (Kündigung, berufliche Herabwürdigung, Scheidung, Verlust eines nahestehenden Menschen usw.) auftreten, kann das Auftreten einer unipolaren Depression begünstigen beziehungsweise ihren Verlauf ungünstig beeinflussen. Hierbei ist das Leitgefühl im Gegensatz zur posttraumatischen Belastungsstörung nicht Angst, sondern Verbitterung gegen sich selbst und die Umwelt. Pathogenetisch wird angenommen, dass die inneren Einstellungen, die einen Menschen in einem Lebensbereich besonders belastbar machen, ihn auch potentiell verwundbar machen. Ein weiterer wichtiger Risikofaktor scheint ein „Mangel an Weisheit bzw. Lebensverständnis“ zu sein. Eine Behandlung wird häufig durch eine zur Störung gehörige Ablehnung therapeutischer Hilfsangebote und eine mit der Störung verbundene fatalistische Grundhaltung blockiert, die auch den Verlauf der Depression ungünstig beeinflussen kann.
Quelle: Dr. med. Dieter Schoepf et al. (2007), Nervenheilkunde und in seiner Funktion als Chefarzt der Beta-Brain Klinik GmbH (2016)
Was ist eine unipolare Depression?
Eine unipolare depressive Episode ist ein Zustand von Traurigkeit, Niedergeschlagenheit und Energielosigkeit, der mindestens 14 Tage anhält. Dazu treten noch begleitende Symptome auf, die jede Dimension des psychopathologischen Befundes betreffen können. Wer unter einer unipolaren Depression leidet, zieht sich in sein Schneckenhaus zurück und schafft es in der Regel nicht, sich eigenständig aus dem Gefängnis negativer Gedanken und Gefühle zu befreien. Hierbei lässt sich die Spirale negativer Gedanken und Gefühle von normalen Gefühlslagen gut abgrenzen. Denn auch psychisch gesunde Menschen können situativ Zustände der Hilflosigkeit, Bedrückung und der inneren Leere empfinden. Diese sind dann aber auf konkrete auslösende Ursachen zurückzuführen und bilden sich in der Regel auch ohne fachärztliche Hilfe zurück.
Wie häufig treten unipolare Depressionen auf?
Weltweit leiden 10% der Allgemeinbevölkerung zu jedem Zeitpunkt an einer behandlungsbedürftigen psychiatrischen Störung. Dabei handelt es sich in etwa 36% der Fälle entweder um episodisch depressive Störungen oder um Persistierende Depressive Störungen (PDD), früher chronische Depressionen. Die PDD beginnt häufig vor dem 21. Lebensjahr und gilt als therapieschwierig. Sie ist durch einen hohen Grad an psychosozialer Beeinträchtigung, eine hohe Inanspruchnahme der Gesundheitssysteme, lange stationäre Behandlungszeiten sowie eine hohe Sterberate gekennzeichnet.
Was ist eine Persistierende Depressive Störung?
Die diagnostischen Kriterien der PDD sind in den multiaxialen Klassifikationssystemen entsprechend ihrem Anspruch einen „atheoretischen Ansatz“ zu verfolgen, deskriptiv unter Beachtung der Erkrankungsdauer und der psychosozialen Beeinträchtigungsschwere gehalten. Die Diagnose PDD wird gestellt, wenn bei einem Patienten eine über 2 Jahre anhaltende depressive Symptomatik in Form von Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit sowie körperlichen Beeinträchtigungen in Form von Erschöpfbarkeit und Müdigkeit sowie vegetativen und „funktionellen Beschwerden“ vorliegt. Eine frühere manische-, gemischte- oder hypomane Episode schließt die Diagnose einer PDD aus. Häufig sind Symptomüberschneidungen mit anderen primären und sekundären psychischen Störungen, auf die hier nicht weiter eingegangen wird. Epidemiologische- und Verlaufsstudien haben gezeigt, dass die unterschiedlichen Subtypen der PDD im Hinblick auf ihre Risikofaktoren zu einer einheitlichen Störungsgruppe gehören, die in Abhängigkeit modifizierender Faktoren einen heterogenem Krankheitsverlauf zeigen. Zu den Untergruppen der PDD gehören neben der einfachen dysthymen Störung:
- die über zwei Jahre anhaltende Episode einer majoren depressiven Episode,
- die im Intervall keine Vollremission erreichende rezidivierende depressive Störung,
- die durch eine vorhergehende dysthyme Störung mit anschließender majorer depressiver Episode gekennzeichnete „Double Depression“,
- und die auf eine vorhergehende dysthyme Störung aufgelagerte anhaltende majore depressive Episode.
Was sind Risikofaktoren und -zustände für Persistierende Depressive Störungen?
Aus biologisch-psychosozialer Sicht ist die depressive Störung durch das Zusammenwirken zwischen genetischer Disposition, Persönlichkeitsfaktoren sowie psychosozialen Belastungs-faktoren gekennzeichnet. Relative Risikofaktoren stellen die familiäre Belastung mit uni- oder bipolaren affektiven Störungen, weibliches Geschlecht, Neurotizismus, Verlust eines Elternteils, körperlicher Missbrauch, Fehlen elterlicher Wärme, Schädel/Hirntraumen, kritische Lebensereignisse unmittelbar vor einer Episode sowie kardiovaskuläre, neurolo-gische und onkologische Erkrankungen dar. Weitere Risikozustände für die Entwicklung einer depressiven Episode stellen Burn-Out Syndrome, Trauerreaktionen, Verbitterungsstörungen, somatoforme und körperliche Schmerzsyndrome, andere stressassozierte psychische Störungen sowie chronische körperliche Erkrankungen, wie z.B. der Diabetes Mellitus Typ-2, dar.
Die psychologischen Ursachenfaktoren der PDD mit frühem Beginn lassen sich in Entwicklungsrückständen der normalen kognitiv-emotionalen Organisation subsumieren. Aus diesem Grund kommt den Einflüssen von gelerntem und regelgeleitetem Verhalten aus einer Person x Umweltperspektive eine herausragende Rolle in der Aufrechterhaltung und der Chronifizierung depressiver Störungen zu.
Wie erklärt sich die fronto-temporale Dysfunktion der unipolaren Depression?
Pathophysiologisch kommt einer neuroendokrinologischen Störung der Stressregulation eine bedeutende Rolle als Ursachenfaktor depressiver Störungen zu. Im Rahmen der biologischen Stressreaktion werden Stresshormone (CRH, ACTH und GK) sowie assoziierte Stressmediatoren wie Neurotrophine und Neuropeptide vermehrt ausgeschüttet. Eine verminderte Inhibition der Hypophysen-Hypothalamus-Nebennierenrinden-Achse und des sympathiko-adrenomedullären Systems steht in kausalem Zusammenhang mit einer Dysregulation zwischen limbischen, kortiko-limbischen und kortikalen neuronalen Netzwerken. So bedingt hippocampal erhöhtes Kortisol neben Akuteffekten auf Wahrnehmungs- und Gedächtnisprozesse als neuronale Langzeitwirkung eine verzögerte Dendritenaussprossung sowie eine Hemmung der Neuroneogenese in der subgranulären Zone des Gyrus Dentatus. Als weitere pathophysiologische Ursachenfaktoren sind dysfunktionale Auslenkungen der zentralen noradrenergen-, serotonergen- und dopaminergen Neurotransmission sowie eine veränderte Genexpression von verschiedenen Neuropeptiden und Peptidrezeptoren belegt, aus denen eine Überregulation des Angst- und Stresssystems zu Ungunsten des Belohnungssystems und der exekutiven Funktionen resultiert.
Welche Auswirkungen hat die fronto-temporale Dysfunktion?
Neurofunktionelle Studien zeigen übereinstimmend mit den pathophysiologischen Ursachenfaktoren eine komplexe und multidirektional gestörte Interaktion zwischen ventralen und dorsalen Neuronenverbänden an. Aus strukturell-funktioneller Sicht identifizieren ventrale Hirnareale (z.B. anteriore Insel, GCA, GCS, OMPFC, ventrales Striatum, Hypothalamus, ventraler Thalamus) die emotionale Valenz eines Reizes. Sie steuern implizite Reaktionen auf emotionale Stimuli und generieren den affektiv-autonomen Zustand. Dorsal gelegene Hirnareale (z.B. GCP, VLPFC, DLPFC, Hippokampus) inhibieren die ventralen Subsysteme und steuern die Aufmerksamkeitslenkung. An ihre intakte Funktion sind die exekutiven Funktionen gebunden, denen eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Bewältigung komplexer Aufgaben zukommt. Da neuronal sieben Mal mehr Projektions-bahnen von limbischen und kortiko-limbischen Strukturen zum Neokortex („Bottom-Up“ Perspektive) als umgekehrt („Top-Down“ Perspektive) verlaufen, ist die Bewusstheit emotionaler Reiz-Reaktions-Verhaltens Schemata sowie ihre Beeinflussung durch neo-kortikale Kerngebiete aus biologischer Sicht primär limitiert.
Wie gut lässt sich die Persistierende Depressive Störung behandeln?
In Hinblick auf ihre Behandelbarkeit ist die PDD durch eine verminderte Ansprechbarkeit auf psychopharmakologische- und biophysikalische Strategien sowie eine geringe Wirksamkeit interpersoneller und kognitiver Verhaltenstherapie gekennzeichnet. Der Schlüssel zur Optimierung der Behandlung wird aufgrund ihrer neurobiologischen Prägung sowie dem Einfluss lerntheoretischer und informationsverarbeitender Faktoren in einer Individua-lisierung der Therapiestrategien gesehen. Erfolgsversprechende Chancen auf eine Verbes-serung der Situation stellen die differenzielle Psychopharmakotherapie mit Berücksichtigung biologischer Besonderheiten, die bitemporale Elektrokrampftherapie, die Tiefenhirnstimulation sowie die Veränderung der aufrecht-erhaltenen psychologischen Faktoren durch die modulare Verhaltenstherapie dar.
Quelle: Prof. Dr. Thomas Schläpfer, Webseite UKB, modifiziert durch Priv. Doz. Dr. med. Dieter Schoepf
Was ist eine bipolare Störung?
Die bipolare Störung ist eine Erkrankung, bei der sich depressive Episoden mit manischen bzw. hypomanischen Phasen abwechseln. Wenn zusätzlich schizophrene Kernsymptome über einen ausreichend langen Zeitraum bestehen sprechen wir von einer schizoaffektiven Störung. Bereits in der Antike wurden Stimmungsschwankungen im Zusammenhang mit Melancholie beschrieben und zahlreiche Persönlichkeiten der Vergangenheit wie Virginia Woolf, Vincent van Gogh oder Robert Schumann waren „himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt“. Für Menschen mit bipolarer Störung (auch manisch-depressives Krankheitsgeschehen genannt) gleicht das Leben einer Achterbahn, gefangen im extremen Gefühlsspektrum zwischen grenzenloser Euphorie und absolutem Tief. Bei der Mehrzahl der Patienten überwiegen allerdings die depressiven Phasen.
Wie erkennt man, dass man möglicherweise an einer bipolaren Störung leidet?
Die bipolare Störung ist eine Erkrankung, die sich zumeist in jungen Jahren das erste Mal zeigt. Betroffene beschreiben ihr Leben manchmal als Film, bei dem die Szenen durcheinandergeraten und in dem sie nicht mehr Regie führen. Die typische manische Phase entwickelt sich im Unterschied zur Depression ziemlich schnell. Innerhalb nur weniger Tage lässt die Manie Betroffene vor Energie pulsieren und pusht zu scheinbaren Höchstleistungen. Man ist rund um die Uhr gehobener Stimmung und platzt vor Tatendrang oder hat viele Ideen. Das Rad der Aktivität dreht sich immerfort, bis es irgendwann stockt – nicht selten folgt unmittelbar nach der Manie der Höllensturz in die Depression. Wenn man bipolar Erkrankte im Nachhinein nach dem Erkrankungsbeginn fragt, so berichten rund 73%, dass ihre Erkrankung mit einer depressiven Episode begonnen hat. Bei einem Großteil der Patienten wurde daher anfangs eine unipolare Depression behandelt und in der Diagnostik nicht der Gesamtverlauf berücksichtigt.
Wie häufig findet ein Übergang von einer unipolaren in eine bipolare Störung statt?
Jede vierte an einer unipolaren Depression erkrankte Mensch entwickelt prospektiv eine hypomane, manische oder gemischte Episode. Solche Wechsel sind durch das gleichzeitige Vorliegen von Depressionssymptomen sowie hypomanen Symptomen in Form von beschleunigtem Denken und Sprechen bei euphorischer, gereizter oder expansiver Stimmung gekennzeichnet und häufig mit dem intensiven Drang verbunden, „etwas tun zu müssen“. Dieser Wechsel von unipolarer Depression zu bipolarer Störung kann sogar innerhalb von fünf Jahren bei 80 % der Menschen stattfinden, bei denen eine depressive Episode mit psychotischen Symptomen vorliegt. Obwohl über die Lebenszeit (bei fast allen) bipolaren Störungen depressive Episoden gegenüber hypomanen, manischen und Mischepisoden überwiegen, unterscheiden sich die psychopharmakologischen und psychotherapeutischen Behandlungsstrategien bei bipolaren Störungen grundlegend von denen der unipolaren Depression und anderen durch depressive Symptome gekennzeichneten Verstimmungen.
Welche Möglichkeiten hat der Arzt, eine bipolare Störung zu diagnostizieren?
Mithilfe moderner Klassifikationssysteme wie ICD-10 und DSM 5 wird die Diagnose anhand objektivierbarer und beschreibbarer Kriterien festgelegt. Bei den ersten Patientenkontakten ist eine detaillierte Anamnese von großer Bedeutung. Dazu gehört die präzise Befragung zu Suchterkrankungen, früheren Verhaltensauffälligkeiten oder familiären Prädispositionen.
In welchem Zusammenhang stehen bipolare Störungen mit anderen (psychischen und körperlichen) Störungen?
Bei Erwachsenen ist Alkohol- und sonstiger Drogenmissbrauch die häufigste Komorbidität. Medikamentenmissbrauch tritt vor allem bei zusätzlichen Angststörungen und unzureichend behandelten Depressionen auf. Außerdem neigen bipolar Erkrankte vermehrt zu komorbiden körperlichen Erkrankungen, wobei Herz-Kreislauf-Erkrankungen an erster Stelle stehen (Schoepf und Heun 2014, 2015).
Wie werden bipolare Störungen behandelt?
In den vergangenen Jahren haben sich die Behandlungsmöglichkeiten der depressiven wie manischen Phasen durch neue Medikamente deutlich verbessert. Entscheidend in der Therapie der bipolaren Erkrankung ist immer die Phasenprophylaxe – quasi das „Schutzmittel“ für die Seele dieser Patienten. Voraussetzung für den Erfolg der Therapie ist der kontinuierliche Kontakt mit dem behandelnden Arzt. Eine sinnvolle Phasenprophylaxe lässt sich nur durch langfristigen Medikamenteneinsatz, mitunter lebensbegleitend, erreichen.
Was kann man als Betroffener selbst gegen diese Krankheit tun?
Als Betroffener ist es besonders wichtig, die verordneten Medikamente regelmäßig einzunehmen, auch wenn man sich gesund fühlt. Das Absetzen ohne ärztliche Rücksprache kann einen erneuten Krankheitsschub auslösen. Auch im Hinblick auf die Rückfallverhütung ist eine stabile Beziehung zwischen Arzt und Patient unerlässlich, um erste Anzeichen einer erneuten akuten Episode frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Die Beachtung und Pflege eines regelmäßigen Tag-Nacht-Rhythmus ist ebenfalls von großer Bedeutung.
Wie können Angehörige einem Menschen mit bipolaren Störungen helfen?
Da vor allem die manische Episode für Betroffene eine Hochphase der Gefühle bedeutet, weigern sich diese vor allem in dieser Phase, freiwillig Medikamente einzunehmen, die diese Hochphase ja beenden würden. Nicht selten müssen Angehörige diese Krankheitsphase „aussitzen“, was mehrere Wochen dauern und die Beziehung sehr belasten kann. Kinder und Jugendliche leiden besonders darunter, dass Mütter oder Väter in ihren Krankheitsphasen teilweise oder sogar ganz bei der Erziehung und im Haushalt ausfallen. Angehörige sollten auch an sich selbst denken. Mittlerweile gibt es einige Selbsthilfegruppen speziell für Angehörige. Das frühzeitige Reagieren ist äußerst wichtig. Oft werden die ersten Anzeichen verniedlicht und nicht ernst genommen.
Welche Folgen kann eine unbehandelte bipolare Störung haben?
Beziehungen brechen oft auseinander, Arbeitsplätze gehen verloren, Ausbildungen werden abgebrochen, Suchtprobleme können dazukommen. Der Krankheit ihren Lauf zu lassen kann tödlich enden: 20 – 25 % der Betroffenen unternehmen einen Selbsttötungsversuch, 15 % scheiden durch Suizid aus dem Leben. Menschen mit bipolaren Störungen benötigen Hilfe, und zwar frühzeitig!
Quelle: Persönliche Lehrauftragsfolien Priv. Doz. Dr. med. Dieter Schoepf
Die Schizophrenie ist eine der gravierendsten psychischen Störungen, die so früh wie möglich erkannt und behandelt werden sollte. Sie hat ein vielgestaltiges Erscheinungsbild und gehört zu den "so genannten" nicht-organisch begründeten Psychosen. Als Psychosen werden Krankheitsbilder subsumiert, die mit Halluzinationen, Urteilsstörungen, Störungen des Denkens, der Sprache und der Gefühlswelt verbunden sind. In Bezug auf die Gefühlswelt können häufig inadäquate, verflachte oder bei Schizophrenien auch verkehrte Affekte vorliegen. Das Denken und Verhalten kann auch außerhalb von paranoid-halluzinatorischen Episoden desorganisiert sein. Schon vor Ausbruch einer paranoid-halluzinatorischen Episode können sich kognitive Defizite entwickeln.
Warum sind eine möglichst frühe Erkennung und Behandlung wichtig?
In den letzten Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis nicht "über Nacht", sondern vielmehr allmählich entstehen. Einem ersten Höhepunkt und dem Behandlungsbeginn geht in der Regel ein sich über mehrere Jahre erstreckendes Prodromalstadium voraus, das unter anderem durch die folgenden Symptome gekennzeichnet ist:
- sozialer Rückzug im Vergleich zu früher
- Beeinträchtigung der Rollenerfüllung im Beruf, Ausbildung oder Haushalt
- magisches Denken und Eigenbeziehungstendenzen
- Wahrnehmungsstörungen und Interferenz neutraler Gedanken mit Verlust der Gedankenkontrolle
- Gedankenjagen
In den letzten Jahren hat sich in repräsentativen kontrollierten Studien gezeigt, dass der weitere Erkrankungsverlauf umso ungünstiger ist und umso häufiger eine Chronifizierung zur Folge haben kann, je später mit der ersten effizienten Behandlung begonnen wird. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit zu frühzeitiger Behandlung, idelalerweise in Form einer Prävention vor der ersten akuten Episode.
Quelle: Adaptiert an ein Interview von Priv. Doz. Dr. med. Dieter Schoepf in seiner Funktion als Klinikdirektor der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie Vitos Weil-Lahn mit dem LWV Hessen (2019)
Der Gruppe der Angststörungen ist eine pathologische, das heißt der Situation unangemessene Angstreaktion; gemeinsam. Diese kann je nach Angststörung durch unterschiedliche Objekte, Situationen, Erinnerungen oder durch Erwartungen ausgelöst werden. Entsprechende auslösende Bedingungen werden vermieden oder nur in Begleitung aufgesucht. Bei manch einem rast das Herz beim Anblick einer noch so kleinen, harmlosen Spinne. Ein anderer kriegt schon Schweißausbrüche, wenn er nur an den Einkauf auf dem vollen Wochenmarkt denkt. Beiden gemeinsam ist: Sie haben krankhafte Angst. Und damit sind sie nicht allein.
Angst vor Spinnen, Schlangen, großen Plätzen und Menschenansammlungen, Höhen- oder Flugangst sind sehr verbreitet. Schätzungen gehen davon aus, dass jeder Zehnte unter einer solchen isolierten Angststörung (Phobie) leidet - Frauen mehr als doppelt so häufig. „Wichtig ist, dass man Betroffene nicht hänselt. Auch Sprüche wie ‚Stell‘ Dich nicht so an. Es passiert doch gar nichts‘ sind nicht hilfreich - im Gegenteil. Menschen mit Angststörungen sollte man grundsätzlich ernst nehmen“. Ursachenfaktoren gibt es viele: Veranlagung, hormonelle Mechanismen, Kindheitserlebnisse oder körperliche Erkrankungen wie z.B. ein Herzinfarkt. Es kann sich aber auch im Laufe des Lebens eine Angststörung ohne ersichtlichen Grund entwickeln.
Der Leidensdruck ist entscheidend
Angst ist an sich ein normales, gesundes Gefühl, um eine Gefahr abzuschätzen und darauf zu reagieren. Krankhaft wird Angst dann, wenn sie den Alltag dominiert und einer Situation nicht angemessen ist. „Viele Menschen versuchen, ihre Angststörung durch Vermeidung in den Griff zu kriegen“, weiß der Klinikdirektor für Psychiatrie und Psychotherapie des Vitos Klinikums Weil-Lahn. Das mag einem Städter mit Schlangenangst ganz gut gelingen. Aber einem Menschen mit Höhenangst können die zahlreichen Brücken in Hamburg auf dem Weg zur Arbeit das Leben zur Hölle machen. Dann kann der Leidensdruck so hoch sein, dass der Betroffene professionelle Hilfe aufsucht. „Und das ist gut so“, sagt Dr. med. Dieter Schoepf. „Denn eine Phobie kann chronifizieren oder Vorläufer einer anderen Angststörung sein. Zudem können sich hieraus andere psychische Störungen wie Depressionen, Herz-Kreislauf-Beschwerden und soziale Probleme ergeben.“
Schritt für Schritt die Angst besiegen
In einer Verhaltenstherapie lernen die Patienten, dass die erwartete Konsequenz ihrer Angst nicht auftritt. Mit einer Spezial-Brille kann der Patient mit der scheinbaren Realität (Virtual Reality) peu á peu konfrontiert werden, etwa beim Annähern an eine Spinne, beim Betreten eines Platzes oder beim Überqueren einer Brücke. Nachdem er einige Lernerfolge nach dem Motto „Es passiert nichts Schlimmes“ durchlebt hat, ist der Patient in der Regel „reif“, dem Objekt seiner Angst auch in der Realität entgegenzutreten. Die Dauer einer solchen Verhaltenstherapie ist individuell unterschiedlich. Sie hängt auch von der psychischen und körperlichen Stabilität des Betroffenen ab. Abschließend möchte ich noch mit einem großen Missverständnis aufräumen: „Viele sprechen von Platzangst, wenn sie sich in engen Räumen wie in einem Fahrstuhl befinden. Diese Angst heißt Klaustrophobie. Platzangst (Agoraphobie) ist aber die Angst vor Plätzen, öffentlichen Räumen und Menschenmengen.“
Quelle: Adaptiert an die Vorträge von Priv. Doz. Dr. med. Dieter Schoepf in seiner Funktion als Klinikdirektor der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie Vitos Weil-Lahn zum Herbstsymposium Vitos Weil-Lahn (2019) ADHS: Fiktion oder Realität
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und ihre zwei Subtypen werden heute zu den neuropsychiatrischen Störungen gezählt. Primär eine immer häufiger diagnostizierte Störung des Kindes- und Jugendalters, weisen bis zu 60 % der Jugendlichen eine Symptompersistenz in das Erwachsenenalter auf. In der erwachsenen Allgemeinbevölkerung leiden 5% unter dieser Störung, die dimensional von Phänomenen des Normalen bis zu höhergradigen Ausprägungen mit Krankheitswert reicht.
Die zentrale Symptomatik der ADHS besteht in allen Lebensaltern aus den psychopathologischen Syndromen:
- Aufmerksamkeitsstörung
- Hyperaktivität
- Impulsivität
- Reizoffenheit
Bei Erwachsenen kommen folgende Symptome dazu:
- Emotionale Störungen im Sinne von Affektlabilität und Emotionsregulationsstörung
- Stressintoleranz
- Desorganisation im Lebensalltag
- Probleme im sozialen Umfeld
- Schwierigkeiten in persönlichen Beziehungen mit niedrigem Selbstwertgefühl und erhöhter Sensitivität auf Zurückweisung.
Zusätzlich treten sehr häufig diagnostisch abgrenzbare andere psychische Störungen auf, v.a. affektive Störungen und Abhängigkeitserkrankungen. In den letzten Jahren wurden Leitlinien zur Diagnosestellung und validierte Fragebögen zu ADHS-Symptomen entwickelt, die die Diagnostik der ADHS im Erwachsenenalter erleichtern.
Die Diagnostik der ADHS im Erwachsenenalter ist ein klinischer Entscheidungsprozess
Ein biologischer oder sonstiger Test, mit dem die Diagnose gesichert werden kann, steht nicht zur Verfügung. Im Zentrum der Diagnostik steht der Nachweis der diagnostischen Kriterien. Daneben müssen drei Zusatzkriterien für die Diagnose gesichert werden:
- Die ADHS-Psychopathologie muss schon vor dem 7. Lebensjahr vorhanden sein
- Die mit ADHS verbundene Auffälligkeiten müssen in mehr als einem Lebensfeld erkennbar sein (Pervasivitätskriterium)
- Nachweis funktioneller Einschränkungen im Lebensalltag
Standardisierte Selbstbeurteilungsskalen, Fremdratings und Interviews erleichtern die Diagnostik und sichern diese ab, können die klinische Entscheidung über die Diagnose jedoch nicht ersetzen. Die ursprünglich für 6-bis 15-Jährige entwickelten DSM-IV Kriterien sind im neuen DSM-V-Systems auf den Lebensalltag von Erwachsenen zugeschnitten
Schweregradeinteilung:
Mehrere Studien weisen übereinstimmend darauf hin, dass ADHS am besten als ein dimensionales Konstrukt (und nicht als kategoriale Einheit) konzipiert werden muss. Dies ist sowohl über Zwillingsstudien zur Heritabilität als auch über konfirmatorische Faktorenanalysen und über psychometrische Analysen, wie die Item Response mittlerweile wissenschaftlich sehr gut belegt.
Insofern lässt sich eine Graduierung der Symptomstärke gut begründen, wobei die von DSM-5 vorgenommene Einteilung in milde, moderate und starke ADHS-Symptomatik die einfachste Form einer Graduierung darstellt.
Leichtgradig: Es treten wenige oder keine Symptome zusätzlich zu den Symptomen auf, die zur Diagnosestellung erforderlich sind und die Symptome führen zu nur geringfügigen Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsbereichen.
Mittelgradig: Die Ausprägung der Symptomatik und der funktionalen Beeinträchtigung liegt zwischen „leichtgradig“ und „schwergradig“, d.h., trotz einer nur geringen Symptomausprägung besteht eine deutliche funktionelle Beeinträchtigung durch die Symptomatik oder trotz derzeit nur geringfügigen Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsbereichen übersteigt die Ausprägung der Symptomatik deutlich das zur Diagnosestellung erforderliche Ausmaß.
Schwergradig: Die Anzahl der Symptome übersteigt deutlich die zur Diagnosestellung erforderliche Anzahl oder mehrere Symptome sind besonders stark ausgeprägt und die Symptome beeinträchtigen die soziale, schulische oder berufliche Funktionsfähigkeit in erheblichem Ausmaß.
Zur Therapie stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, deren Wirksamkeit im Rahmen kontrollierter Studien evaluiert wurde.
Behandlungsrichtlinien der ADHS-Therapie bei Erwachsenen nach den deutschsprachigen Leitlinien (DGPPN)
- Allein aus der Diagnose leitet sich keine Behandlungsnotwendigkeit ab.
- Behandlung erst dann, wenn eindeutig durch ADHS in einem Lebensbereich ausgeprägte Störungen oder in mehreren Lebensbereichen leichte Störungen oder krankheitswertige Symptome
- Die Therapie sollte multimodal erfolgen: Medikation (1 Wahl: Methylphenidat) und Psychotherapie oder bifokale Psychoedukation
- Monotherapien sollten begründet werden
- Komorbide psychische Störungen sind die Regel und müssen berücksichtigt werden
- Aufgrund der z. T. erheblich eingeschränkten medikamentösen Therapieadhärenz bei Jugendlichen und Erwachsenen mit ADHS (bis 60 %), sollte diese regelmäßig erfragt und bei der Wahl der Medikation entsprechend individuell berücksichtigt werden
Abschließend ist zu sagen, dass die Transitionspsychiatrie den Schlüssel für eine zeitgemäße Versorgung von heranwachsenden Patienten mit ADHS einnimmt.
Quelle: Adaptiert an den von Priv. Doz. Dr. med. Dieter Schoepf in seiner Funktion als Klinikdirektor der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie Vitos Weil-Lahn im Grundsatz überarbeiteten Antrag auf Bettenerweiterung für den Krankenhausbettenausschuss in Wiesbaden (2019)
Autismus stellt eine neurobiologisch begründete Entwicklungsstörung dar, die mit Besonderheiten in der Wahrnehmung und Bewertung von Sinnesreizen einhergeht. Betroffene haben oft Probleme mit sozialen Kontakten, Kommunikation und Sprache. Beim frühkindlichen Autismus besteht zusätzlich eine geistige Behinderung. Hinsichtlich Begleiterkrankungen leiden Menschen mit geistiger Behinderung und/oder tiefgreifenden Entwicklungsstörungen in erhöhtem Maß unter komorbiden körperlichen und psychischen Störungen. Dies nimmt mit steigendem Grad der Intelligenzminderung und dem Lebensalter zu. Neben primären körperlichen Behinderungen (65% der Patienten mit Intelligenzminderung) betrifft dies vor allem auch neurologische Krankheiten und psychische Störungen. Zum Beispiel haben Menschen mit Down-Syndrom ein bis zu 50% erhöhtes Risiko an einer Alzheimer-Demenz vor dem 65. Lebensjahr zu erkranken.
Aufgrund der häufig vorliegenden verbalen, aber auch nonverbalen Kommunikationsdefizite ist es besonders herausfordernd, Beschwerden richtig zu verstehen und einzuordnen. So sind häufig Verhaltensauffälligkeiten mit z.T. ungewohnt heftiger und massiver Ausprägung die einzige Mitteilungsmöglichkeit. Oft ist die korrekte „Dechiffrierung“ solcher Symptome nur mit Unterstützung durch Angehörige oder langjährige Betreuer möglich. Fundierte Kenntnisse und Erfahrungen auf somatischem und psychiatrischem Gebiet sind somit unerlässlich für die angemessene Versorgung dieser Patienten. Überdies können subjektive und persönlichkeitsgebundene Faktoren auf Helferseite auch eine Rolle spielen. Notwendig sind offener, zugewandter, wertschätzender und angstfreier Umgang, Respekt, Fachwissen sowie Handlungs- und kommunikative Kompetenzen im Umgang mit dem behinderten Menschen, was dazu beiträgt, Unsicherheiten abzubauen.
Zu den Aufgaben der spezialisierten ambulanten psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung gehören neben der Behandlung begleitender psychischer Störungen die differentialdiagnostische Einordnung von Symptomen, die differentialdiagnostische Abklärung genetisch bedingter Syndrome und epilepsiebedingter Störungen sowie die Einordnung psychiatrischer Komponenten im komplexen Bedingungsgefüge von herausforderndem Verhalten. Dieses kann je nach Häufigkeit, Schwere oder Frequenz einen negativen Einfluss auf die Lebensqualität des Betroffenen oder Dritter haben und verlangt ein klinisches Assessment und spezielle Intervention. Hierfür gilt es z.B. das kognitiv-emotionale Entwicklungsniveau einer Person aus lerntheoretischer Perspektive zu verstehen und als aufrechterhaltene Bedingung ihres Problemverhaltens durch geeignete pädagogisch-therapeutische Interventionen zu verändern. Ferner proaktives zwischenmenschliches Verhalten systematisch durch Veränderung von Umweltfaktoren und den Einsatz individueller Verstärkermechanismen zu generalisieren.
Quelle: Priv. Doz. Dr. med. Dieter Schoepf in seiner Funktion als Chefarzt der Beta-Brain Klinik GmbH (2016)
Es ist heutzutage unbestritten, dass Depressionen – je länger sie bestehen - einen Risikozustand für eine Vielzahl von körperlichen Beschwerden und Krankheiten darstellen. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist das Risiko, eine körperliche Krankheit zu entwickeln, ein Jahr nach Beginn einer depressiven Episode um das 1,8-fache erhöht. Zu den häufigsten körperlichen Begleitkrankheiten bei unipolaren Depressionen zählen kardiovaskuläre Krankheiten, Lungenkrankheiten (so Asthma bronchiale, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen, Bronchitiden und Pneumonien), Typ-2 Diabetes Mellitus, Infektionskrankheiten, orthopädische Krankheiten, Allergien, Migraine, Gastritis und Krebserkrankungen. Das relative Risiko, eine kardiovaskuläre Krankheit zu erleiden, ist zum Beispiel bis zu vier Mal höher, wenn Menschen erhöhte Depressionswerte aufweisen. Die Frage, ob eine spezifische antidepressive Therapie akute kardiovaskuläre Ereignisse oder die kardial bedingte Rehospitalisierungsrate beeinflusst, ist heutzutage allerdings noch nicht sicher zu beantworten.
Quelle: Dr. med. Dieter Schoepf "Keynote-Vortrag" vertretungsweise für den DGPPN Präsidenten Prof. Dr. W. Maier (DGPPN-Präsident trifft EPA-Präsident) beim 22. Europäischen Psychiatriekongress in München 2014 und in seiner Funktion als Chefarzt der Beta-Brain Klinik GmbH (2016)
Von besonderer Bedeutung sind die Zusammenhänge zwischen hirnorganischen Erkrankungen und depressiven Episoden, vor allem im höheren Lebensalter. Dies gilt analog zu den kardiovaskulären Erkrankungen für zerebrovaskuläre Störungen, Schlaganfälle, vaskuläre Depressionen und Demenzen. Des Weiteren begünstigt die Beeinträchtigung subkortikaler Hirnfunktionskreise sogenannte organisch depressive Störungen, wie zum Beispiel beim Morbus Parkinson. Unipolare Depressionen im höheren Lebensalter bieten zum Teil ein eigenes Erscheinungsbild mit ausgeprägte(re)n Funktionsstörungen der Exekutivfunktionen, vor allem Aufmerksamkeitsdefizite, Verlangsamung und Affektlabilität.
Quelle: Priv. Doz. Dr. med. Dieter Schoepf in seiner Funktion als Chefarzt der Beta-Brain Klinik GmbH (2016)
Wenn sich psychische Probleme als körperliche Beschwerden manifestieren ist die unipolare Depression häufig (bis zu 75 % der Fälle) mit uni- oder multilokulären Schmerzen und anderen Körpersymptomen verbunden, für die sich keine ausreichend belastbaren körperlichen Ursachen finden. Als prädisponierende Persönlichkeitsfaktoren schaffen die Unterdrückung von Aggressionen und ein interozeptiver Stil biologische Bedingungen, die die Ausprägung von somatoformen Symptomen begünstigen. In dieser Gruppe betroffener Personen sind auch erhebliche ereignisspezifische Ängste in der Entwicklungsgeschichte und eine Störung der Schmerzverarbeitung bewiesen.
Quelle: Priv. Doz. Dr. med. Dieter Schoepf in seiner Funktion als Chefarzt der Beta-Brain Klinik GmbH (2016)
Die unipolare Depression stellt die häufigste psychische Begleiterkrankung bei Zwangsstörungen dar und geht in diesem Fall regelhaft mit einer massiven Zunahme von gedanklichen Zwängen und Zwangshandlungen einher. Die typischen Prinzipien der Therapie von Zwangsgedanken wie Konfrontation mit Auslösern der Gedanken oder Konfrontation mit monotonen Stimuli und/oder Virtual Reality sind bei unzureichend behandelter unipolarer Depression in der Regel unwirksam und nicht selten mit einer fehlenden Besserung trotz ausreichend langer und intensiv durchgeführter Behandlung verbunden.